Donnerstag, 14. Januar 2010

Donnerstag, 21.1.2010

Das Gesetz des HERRN ist vollkommen und erquickt die Seele.

Psalm 19,8

Wer sagt: Ich kenne Gott, und hält seine Gebote nicht, der ist ein Lügner, und in dem ist die Wahrheit nicht.

1.Johannes 2,4

Gesetzlichkeit

Die Tageslosung aus Psalm 19 zeigt uns auf eindrückliche Weise, welchen Stellenwert das Gesetz, die Tora im jüdischen Glauben hat. Es ist nicht in erster Linie Paragrafenbuch, sondern ein Werk, dessen Schönheit der Psalmbeter/ die Psalmbeterin preist. Es wird nicht zuerst unter juristischen, sondern unter ästhetischen Kategorien wahrgenommen. Und wer könnte von unseren Paragrafen - so gut und sinnvoll sie auch sein mögen - sagen, dass sie die Seele erquicken. Die Tora, das Gesetz ist schön und vollkommen, eine Weisung zum Leben. Das sollten wir nicht vergessen, wenn wieder einmal voreilig das Zerrbild von der jüdischen Gesetzlichkeit auftaucht. Wo die Schönheit des Gesetzes das Herz berührt, da handelt ein Mensch aus Dankbarkeit danach und nicht aus gehorsamer Pflichterfüllung. Vielleicht kann man sogar sagen, dass wir das Gesetz Gottes nicht an seinem Buchstaben erkennen, sondern daran, dass wir es nicht mit saurer Miene tun, weil wir es eben müssen, sondern weil wir uns freuen, dass wir diese Weisung als Leitstern haben.

Losung und Lehrtext erinnern uns aber auch daran, dass der Glaube kein Lehr- und Paragrafengebäude ist, sondern eine Lebenshaltung, die sich auf das Tun auswirkt. An ihren Früchten sollt ihr sie erkennen. Glaube, der keine Früchte bringt, ist nichts anderes als eine Ideologie, also Götzendienst.

Vorsicht ist allerdings beim Urteil über die Früchte der anderen geboten. Bevor wir jemanden als Lügner disqualifizieren, sollten wir zuallererst genauer hinschauen, das Gespräch führen und mit der Möglichkeit rechnen, dass der andere nach bestem Wissen und Gewissen handelt. Denn das wäre dann in der Tat Gesetzlichkeit, wenn wir unsere Vorstellungen von guten Früchten des Glaubens zum Massstab für die anderen machen würden und sie danach beurteilen und verurteilen und uns damit über sie stellen. Gesetzlichkeit ist nicht die Orientierung am Gesetz, an den Weisungen Gottes, sondern der Geist der Rechthaberei, der unsere Beziehungen gefährdet.

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