Dienstag, 12. Januar 2010

Samstag, 16.1.2010

Wir wollen nicht mehr sagen zu den Werken unserer Hände: »Ihr seid unser Gott.«

Hosea 14,4

Was mit Händen gemacht ist, das sind keine Götter.

Apostelgeschichte 19,26

Woran du dein Herz hängst ...

Wenn wir heute die Erzählungen von Menschen lesen, die sich vor Geistern und Gespenstern fürchteten, dann fühlen wir uns - häufig unbewusst - überlegen. Das finstere Mittelalter haben wir schliesslich hinter uns gelassen. Wem käme es heute noch in den Sinn, an Geister und Gespenster zu glauben - obwohl nachts in einem dunklen Wald ...

Natürlich beten wir auch keine Götzenbilder mehr an. Wir sind doch moderne und aufgeklärte Leute. Aber vielleicht sind wir zu schnell in unserem Urteil. Zum einen könnte unsere Vorstellung von der Verehrung der selbstgemachten Bilder in früheren Zeiten ja auch ein Zerrbild sein. Hat man die Bilder angebetet oder hat man sich von den Bildern hinweisen lassen auf die Dimension des Göttlichen, die im Bild nicht aufgeht? Jedenfalls sollten wir uns das Urteil nicht allzu einfach machen.

In der jüdischen und christlichen Tradition allerdings findet sich eine grundsätzliche Bilderskepsis. Das Bilderverbot in den Zehn Geboten ist dafür der deutlichste Ausdruck, aber auch die jüdische Praxis, den Gottesnamen nicht auszusprechen. Daraus spricht ein Wissen darum, wie leicht das Hilfsmittel, das der Begegnung mit dem Göttlichen dienen soll, selbst vergöttlicht, verabsolutiert wird.

Gott lässt sich nicht festlegen, nicht einfangen in Bildern, aber auch nicht in Dogmen und Glaubenstraditionen, ja nicht einmal in den Buchstaben heiliger Schriften. Gott bleibt nur Gott, wenn er frei bleibt, sich immer neu Menschen zu zeigen und zu offenbaren. Auch Religionen sind letztlich nichts anderes als das Werk unserer Hände. Wir dürfen damit rechnen, dass Gott sich ihrer bedient, um Menschen den Weg zum Leben zu zeigen. Aber wir dürfen sie niemals verabsolutieren, niemals versuchen, die eigene Religion zur allein wahren zu erklären. Religiöse Toleranz ist schon allein deshalb geboten, weil alle Religion auch Menschenwerk ist.

Wäre es dann aber nicht konsequenter, auf jegliche Religion zu verzichten oder einen Standpunkt über den Religionen einzunehmen? Ich halte das für einen Trugschluss, denn damit entgehen wir dem Problem nicht. Wir würden dann nur unsere persönliche Religiosität zum Massstab machen. Was bleibt ist die Möglichkeit sich in einer religiösen Tradition zu beheimaten und zugleich offen zu bleiben für andere Überzeugungen und Traditionen, für die Menschen, die uns begegnen und für Erfahrungen, die unser Glauben und Denken verändern.

Und noch etwas anderes macht uns die heutige Losung und der Lehrtext bewusst. Martin Luther hat in seiner berühmten Auslegung des 1. Gebots gesagt: Woran du dein Herz hängst, das ist dein Gott. So leicht wir uns heute über die Verehrung von selbstgemachten Götterbildern erheben, so wenig machen wir uns oft bewusst, wieviele selbstgemachte Götter wir heute verehren, ohne es überhaupt zu bemerken. Woran hängen wir unser Herz? Ist es materieller Reichtum oder ein berufliches Ziel, dass wir unbedingt erreichen wollen? Ist es ein Ideal von Liebe oder von Freundschaft? Ist es eine Vorstellung von Glück, die wir verfolgen? Oder das Motto "Zeit ist Geld"? Ist es dieses oder jenes, was wir unbedingt haben wollen? Oder die Heimat, eine Ideologie, oder einfach Spass oder unser Lieblingsverein? Wenn wir ehrlich sind, haben wir wohl alle solche Dinge, an die wir unser Herz hängen, auch wenn wir sie nicht Götter nennen würden. Die Religionssoziologie hat viele dieser Dinge schon längst als moderne Erscheinungsformen von Religion identifiziert? Längst nicht alles davon ist schlecht, vieles sogar erstrebenswert. Nur uns davon abhängig machen, unser Herz daran hängen, das sollten wir nicht.

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