Montag, 8. Februar 2010

Sonntag, 28. Februar 2010

Gott segnete den siebenten Tag und heiligte ihn, weil er an ihm ruhte von allen seinen Werken.
1.Mose 2,3

Der Sabbat ist um des Menschen willen gemacht.
Markus 2,27

Ruhen und Aufatmen

Der Sabbat gilt in der jüdischen Tradition als die Krone der Schöpfung. Er ist der wichtigste Tag der Woche und soll festlich begangen werden. Am augenfälligsten ist der besondere Charakter dieses Tages im Verbot der Arbeit. An einem Tag in der Woche sollen die Menschen ausruhen von ihrer Arbeit, und zwar alle Menschen, auch die Fremden und ebenso die Tiere. So wichtig ist den Juden die Sabbatruhe, dass sie überzeugt sind, dass der Messias kommt, wenn im ganzen Volk Israel die Sabbatruhe eingehalten würde. Der siebte Tag, der Sabbat soll zur Erholung und zum Studium der Tora, der Weisungen Gottes da sein. Um diesen Tag in seiner besonderen Würde zu schützen, wurden um den Sabbat herum eine Fülle von Vorschriften und Geboten errichtet, nicht um die Menschen einzuengen, sondern um ihnen dieses kostbare Geschenk Gottes zu erhalten. Auch die ersten Christen haben den Sabbat gefeiert. Neben den Sabbat trat der Sonntag, der Tag der Auferstehung Jesu Christi, der seit Kaiser Konstantin zum Ruhetag wurde und der ebenfalls in der Tradition des Sabbat steht. Sabbat und Sonntag sind Freudentage, an denen die Freude an Gottes Schöpfung zum Ausdruck kommt. Festliche Mahlzeiten, festliche Kleidung, Gottesdienst, Gastfreundschaft sollen darauf hinweisen.
Die Sabbatgebote, die christlichen Traditionen der Sonntagsheiligung wie Gottesdienst und Arbeitsruhe wollen diesen besonderen Tag der Woche schützen. Doch können solche Gebote die Menschen auch trotz ihrer guten Absicht einengen. Darum geht es in der Auseinandersetzung Jesu mit den Pharisäern in unserem Evangeliumstext. Er gipfelt in der Aussage Jesu: "Der Sabbat ist um des Menschen willen gemacht und nicht der Mensch um des Sabbats willen." Was könnte dieser Satz für unseren heutigen Umgang mit dem christlichen Sonntag bedeuten?
Der Sonntag ist um des Menschen willen und nicht der Mensch um des Sonntags willen da. Kommt in unseren Sonntagen, in unseren Gottesdiensten etwas von unserer Lebensfreude, unserer Freude an der Vielfalt und Schönheit von Gottes Schöpfung zum Ausdruck? Nehmen wir uns am Sonntag Zeit für uns selber und füreinander, für Ruhe und Entspannung, für Gespräche und gemeinsame Unternehmungen? Oder ist er ein Tag, der von unbefriedigender Leere oder gar umgekehrt von belastendem Freizeitstress geprägt ist? Der Sonntag soll dazu dienen, dass die ganze Schöpfung befreit aufatmen kann. Menschen können befreit aufatmen, wenn am Wochenende für einmal nicht frühmorgens der Wecker klingelt und den Schlaf abrupt beendet. Menschen können befreit aufatmen, wenn keine Arbeitszeiten und Stundenpläne den Rhytmus der Familie bestimmen und alle gemeinsam beim Zmorge zusammensitzen und miteinander berichten können, wenn endlich einmal Zeit für einen Ausflug, eine Wanderung, einen Besuch bei Verwandten oder Bekannten bleibt. Solche Zeiten können heilige Zeiten sein in einer Zeit, in der die Arbeitszeiten immer flexibler und das Leben trotz aller Freiheiten immer verplanter wird. Aber schmerzhaft wird uns bewusst, dass es uns immer schwerer fällt, solche gemeinsamen Zeiten zu gestalten und miteinander zu geniessen, weil wir auch unsere Freizeit verplanen und jeder seine eigenen Wege geht.
Auch der Gottesdienst will ein befreites Aufatmen ermöglichen und ich denke er tut es auch, wenn er nicht zur Bildungsveranstaltung oder Moralpredigt wird, sondern ein Ort der Ruhe und der Begegnung ist, wenn er Raum bietet für Klage und Dank, für Ermutigung und Vergewisserung, dass Gott uns aufatmen lässt und uns begleitet und trägt. Befreit aufatmen können wir, wenn wir gemeinsam die Lieder unseres Glaubens singen, gemeinsam beten und spüren, dass wir in unserem Glauben miteinander unterwegs sind mit all unseren Ängsten und Hoffnungen, mit unserem Vertrauen, aber auch unseren Fragen und Zweifeln. Befreit aufatmen können wir, wenn wir in unseren Gottesdiensten Gottes Liebe feiern.
Ist der Sonntag ein Ausdruck unserer Lebensfreude, eine Zeit, um befreit aufatmen zu können, ein kostbares Geschenk Gottes für uns, dann ist es auch klar, warum wir ihn schützen und verhindern wollen, dass er ein Tag wird, wie jeder andere. Dann können wir den Satz Jesu mit gutem Recht noch einmal anders hören: Die Arbeit ist um des Menschen willen da und nicht der Mensch um der Arbeit willen. Geht der Sonntag als gemeinsamer Feiertag verloren, dann geht damit ein kollektiver Rhytmus verloren. Das betrifft nicht nur den Gottesdienst, sondern auch Familien, Freundschaften, Begegnungen in Vereinen und vieles Andere. Dann wird auch das befreite Aufatmen völlig individualisiert und ich fürchte, es wird kein befreites Aufatmen mehr sein. Und noch einmal anders: Die Freizeit ist um des Menschen willen da und nicht der Mensch um der Freizeit- und Konsumindustrie willen. Verkaufsoffene Sonntage betreffen nicht nur das Verkaufspersonal, sie verlocken auch die anderen, sich auch am Sonntag der Welt des Konsums und des Profits zu unterwerfen. Gibt es nicht Kostbareres, als sich auch am Sonntag das Leben vom Rhytmus der Freizeit- und Konsumindustrie oder vom Sendeplan des Fernsehens diktieren zu lassen?
Der Sabbat ist um des Menschen willen gemacht und nicht der Mensch um des Sabbats willen. Wie der Sabbat dient auch der Sonntag dem befreiten Aufatmen der Schöpfung. Gott hat uns nicht als vereinzelte Wesen geschaffen, sondern dazu, dass wir miteinander das Leben gestalten und geniessen. Und der gemeinsame Rhytmus von Arbeit und Freizeit ist ein kostbares Geschenk unseres Gottes.

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