Dienstag, 16. März 2010

Mittwoch, 24. März 2010

Adam versteckte sich mit seiner Frau vor dem Angesicht Gottes des HERRN.
1.Mose 3,8

Kein Geschöpf ist vor ihm verborgen, sondern es ist alles bloß und aufgedeckt vor den Augen Gottes, dem wir Rechenschaft geben müssen.
Hebräer 4,13

Scham

Adam und Eva assen vom Baum der Erkenntnis. Da gingen den beiden die Augen auf und sie erkannten, dass sie nackt waren. Der biblische Mythos von Schöpfung und Sündenfall führt uns vor Augen, wie es um uns Menschen in unserer Welt steht. Als Nacktheit ohne Scham wird der paradiesische Urzustand beschrieben. Nacktheit ohne Scham braucht eine Welt, die frei ist von Gewalt und Gier. Nachdem das Tabu gebrochen und die Frucht vom Baum der Erkenntnis gepflückt ist, ist die Scham der Anfang der Kultur.
Scham gehört zu den Dingen, die den Menschen vom Tier unterscheiden. Der Liedermacher Mani Matter hat das in seinem Lied „Hemmige“ treffend besungen. Natürlich können Tabus und gesellschaftliche Schamgrenzen Menschen unterdrücken und an ihrer Entfaltung hindern. Es kann manchmal notwendig sein, Tabus zu brechen und falsche Schamgefühle zu überwinden. Aber umgekehrt bleibt die Frage notwendig, wo Schamgefühle uns auch schützen und uns an Grenzen erinnern, die notwendig sind. Nacktheit ohne Scham ist womöglich nicht die Rückkehr ins Paradies, sondern kann den Verlust von Intimität bedeuten. Wo alles Intime öffentlich gemacht wird, bleibt für echte Intimität kaum mehr ein Raum. Wo keine Schamgrenzen mehr existieren wird der Körper zur Ware. Schamgrenzen sind auch im Materiellen ein Schutzmechanismus, denn sie können bewahren vor nackter Gier. Es gibt auch einen obszönen Reichtum.
„Adam versteckte sich mit seiner Frau vor dem Angesicht Gottes des HERRN.“ Sie schämten sich ihrer Nacktheit und ihrer Übertretung des Gebots. So gesund die Reaktion der Scham ist, so unsinnig ist das Verstecken. Wer sich aus Scham zurückzieht baut sich sein eigenes Gefängnis. Menschen können nur gesund leben, wenn sie die Verantwortung für die Folgen ihres Tuns übernehmen. Das ist auch die Botschaft der Tageslosung. Selbst wenn wir voreinander manches verstecken können - was dann meist im Verborgenen sein Unwesen treibt -, vor uns selbst und vor Gott können wir uns nicht verstecken. Aber wir brauchen es auch nicht. Denn Gott bewahrt uns zwar nicht vor den Folgen unseres Tuns, aber er bewahrt uns davor, an diesen Folgen zu zerbrechen. Er schenkt uns immer wieder neue Anfänge. Er vergibt und hilft uns so, uns selbst und anderen zu vergeben.

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